Turnierbericht vom 4. Go to Innovation

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Inhaltsverzeichnis

Schöner Turnierort

Vom 17.-19.11.2006 fand das 4. Go to Innovation statt. Turnierort war wieder das schöne Technologiezentrum im Innovationspark Wuhlheide. Siehe Fotos [1], [2] oder [3]. (Unbedeutende Randnotiz: am Sonntag vor dem Turnier wurde der Raum gewischt...) Cool war auch die Videoübertragung vom Spitzenbrett, siehe [4]. Schließlich ist die Cafeteria sehr positiv zu benennen: Während des gesamten Turniers bekam man dort z. B. warmes Essen zu sehr annehmbaren Preisen!

Angesichts dieser überwältigend schönen Eindrücke - die man ja schon in den vergangenen Jahren machen konnte - drängt sich mir die Frage auf, warum lediglich 37 Spieler an diesem Turnier teilgenommen haben. (Nach 52 im Vorjahr und 48 im ersten Jahr 2004.)

Preisgeld

Am zu kleinen Preisgeld liegt es jedenfalls nicht: Der Sieger bekam 1000 EUR und selbst die Plätze 6 bis 20 konnten sich noch über 30 EUR freuen. Danach gab es noch Bücher für die Plätze 21-30 und selbst für die drei letzten gab es zum Trost Buchpreise. (Überhaupt bekamen alle am Ende einen Preis!)

Wie machen sie das? Nun, sie haben sich Sponsoren gesucht!

Startgeld

Das Startgeld war offensichtlich auch nicht schuld, 25 EUR (20 bei früher Anmeldung), jeweils die Hälfte für Kinder und Jugendliche sind in meinen Augen für drei Tage Turnier bestimmt nicht zu viel.

Losungsprogramm

Das Losungsprogramm? Nein, Alexanders Programm (Goblin heißt es, aber "Goblin" steckt nicht drin) hat alle Kinderkrankheiten ausgestanden und lief perfekt.

Werbung

Zuwenig Werbung? Möglicherweise, denn zuviel Werbung gibt es ja wohl nie. Eine ganzseitige Anzeige in der DGoZ hat gefehlt. Und sicherlich wäre es sehr gut gewesen, wenn der GoVB (anläßlich einer Go-Woche und zwei großen Turnieren!) schriftliche Einladungen verschickt hätte. Aber sonst? In der DGoZ hat es doch gestanden, auf der HP war es angekündigt, und zwei Rundmails haben auch auf das Turnier aufmerksam gemacht.

Turnierverspätung?

Schlimme Turnierverspätungen? Nein, noch nie habe ich ein Turnier so exakt den Turnierfahrplan einhalten sehen!

Turniersystem

Warum dann??

Nun, eigentlich weiß ich es ja. Wenn selbst der Turniergewinner (1000 EUR Preisgeld!) während des Turniers verkündet, daß er nie wieder mit so einem Turniersystem spielen wird, dann ist es ja auch nur zu offensichtlich. Es ist m. E. das Turniersystem selber, das die Leute abschreckt.

Gerechterweise muß ich hier die Bemerkung von Martin wiedergeben, daß das Losungssystem bei hoher Teilnehmerzahl (z.B. zehn 7.Dan) gut klar gekommen wäre.

Was ist denn nun falsch am System? Es wird Hahn-System gespielt (Fight for Points). Das ist mir zwar erst einmal fremdartig, weil es nicht mehr nur Sieg und Niederlage gibt, sondern die Höhe des Sieges Einfluß hat. Bei der Hahn-Implementation, die von Go to Innovation verwendet wurde, sah das so aus:

  • 60 Punkte für ein Sieg mit 0,5 oder 1 Punkt
  • 61 Punkte für ein Sieg mit 1,5 oder 2 Punkten
  • 62 Punkte für ein Sieg mit 2,5 oder 3 Punkten
  • ...
  • 100 Punkte für ein Sieg mit 40,5 oder mehr Punkten

Der Verlierer erhält den Rest zu 100 Punkten, also:

  • 40 Punkte für eine Niederlage mit 0,5 oder 1 Punkt
  • 39 Punkte für eine Niederlage mit 1,5 oder 2 Punkten
  • 38 Punkte für eine Niederlage mit 2,5 oder 3 Punkten
  • ...
  • 0 Punkte für eine Niederlage mit 40,5 oder mehr Punkten

Ich habe mich im Prinzip an dieses System gewöhnt. (D. h...., folgendes fällt mir dann doch ein: In der letzten Runde konnte ich bei vier Handicap gegen Seok-Bin mit 1,5 Punkten gewinnen - ich werde den starken Verdacht nicht los, daß sich Seok-Bin mehr ins Zeug gelegt hätte, wenn er den Sieg für den Turniergewinn gebraucht hätte. So bleibt mir neben der Freude über den Sieg ein Beigeschmack.) Nein, richtig übel war etwas anderes:

Es gab zwar eine initiale Rangfolge - so wie jedem MacMahon-Turnier auch - aber die Spreizung war zu gering! Somit konnte ein Kyu-Spieler mit wenigen (hohen) Siegen bis in die Spitze vordringen, um dort - mit Vorgabe gemäß nominaler Spielstärke - die Meister aufzumischen! In unserem Turnier belegte dann auch ein 4. Kyu mit 7:1 den vierten Platz - und ein 4. Dan mit dem achtbaren 4:4 wurde dagegen nur achter. Oder das: ein 17. Kyu läßt einen 1. Dan 10 Plätze hinter sich... Und es passierte dann auch folgendes: Ein 5. Dan spielte gegen o. g. 4. Kyu mit 7 Steinen Vorgabe. Ein Spiel mit hoher Vorgabe bei einem großen Turnier? Gewöhnlich ist das sehr unbeliebt! Hier wieder die Anmerkung von Martin: Ich denke, das Hahn-System setzt einen Anreiz zum sauberen Spiel; wenn sauber gespielt wird, dann sind hohe Siege bzw. Verluste die Ausnahme.)

Gute Innovationen

Nun gibt es auch wirklich gute Innovationen bei diesem Turnier. Eine ausgezeichnete Idee ist es m. E. an verschiedenen Tagen mit verschiedener Bedenkzeit zu spielen. Eine tolle Innovation ist auch das Auslosungsprogramm - nach Beginn jeder Runde wartete ich immer auf "meinen" Partiezettel - da stand nämlich drauf, welche Farbe ich hatte, welche Bedenkzeit, die Komi und das Handicap. Auch der Beginn des Turnieres am Freitag finde ich ziemlich gut.

Schlechte Innovationen

Aber, ganz klar, es gibt auch Innovationen, die m. E. wieder abgeschafft gehören. So kann ich das Hahn-System sicherlich einmal im Jahr gut ertragen. Aber Go to Innovation findet mittlerweile zweimal pro Jahr statt (auch eine gute Innovation) - aber zweimal mag ich das nicht. Ich schließe mich also an der Stelle Seok-Bin an. Und hiermit sei es Martin fett ins Stammbuch geschrieben: Ich wünsche mir im Herbst ein stumpfes MacMahon-Turnier!

Das Hahn-System kann doch gut als Zweitwertung fungieren. Da habe ich nichts dagegen. Wäre das nicht ein Kompromiß? Übrigens dachte ich genau das, als ich zum Innovationsturnier fuhr - mea culpa. Aber muß ich mich deswegen kritisieren lassen, weil ich die Ausschreibung nicht exakt gelesen habe? Nein, eigentlich nicht. Beim Go ist Information eine Bringepflicht - das sage ich, der ich acht Jahre dem Go-Verband Berlin vorsaß! Man mag anders sehen, ich sehe es so. Es ist m. E. der einzige pragmatische Ansatz. Klar, der Organisator MUSS es nur in die Ausschreibung schreiben und fertig - formal hat er da recht. Aber was nützt ihm das Recht? Gar nichts - und deswegen ist Information im Go eine Bringepflicht. Und ich als "Multiplikator" (ich versende Rundmails an den GoVB) hätte mich sehr gefreut, wenn ich im Vorfeld von Martin eine kurze E-Mail gekriegt hätte, wo die zwei, drei wichtigsten Punkte aufgeführt gewesen wären.

Ziel des Turniers

Martin Sattelkau hat so ein tolles Turnier erschaffen. Und er hat geschafft, woran ich seit 10 Jahren scheitere: Sponsoren gesucht und gefunden. Nun frage ich mich aber wirklich: Warum tut er das? Was will er mit seinem Turnier erreichen?

Wenn sein Ziel war, ein großes Turnier mit vielen Teilnehmern zu schaffen - dann können wir uns sicher sein, daß er sich auf dem Holzweg befindet. So wird das nichts.

Wenn es aber sein Ziel war, die offensichtliche Ungerechtigkeit zu beseitigen, daß in einem normalen Turnier ein Kyu-Spieler nicht mal theoretisch gewinnen kann - dann erscheinen seine Versuche plausibel. - Das einzige Problem dabei ist, daß nicht mal die Kyu-Spieler selber sein System gut finden...

Nun weiß ich aber aus dem Gespräch mit ihm, daß es ihm vor allem darum geht, auszuprobieren, ob Go-Turniere nicht auch anders funktionieren können. Nun, Erprobung ist wirklich gut, aber...

...aber das ging im Jahr eins des Turnieres mit dem Goblin-System daneben, und das Hahn-System (zumindestens mit den von Martin gewählten Modifikationen) ist auch nicht viel besser. Ich schätze mal, daß 90% der Teilnehmer ablehnend waren, und nur 10% es gut fanden. Siegmar Steffens, als einer der eifrigsten Befürworter des Hahn-Systems, hat zu mir gesagt, daß er bei Go to Innovation nur im Frühjahr mitspielt - und war lieber beim Hamburger Turnier.

Verbesserungspotential

Und weil wir schon bei den Unvollkommenheiten des Turnieres sind: Ich finde die Idee schlecht, am Freitag mit 60 min Bedenkzeit zu spielen. In den anderen Jahren gab es am Freitag nur 45 min. Damit waren wir einfach mal eine Stunde eher fertig. So ging es ja bis 23.30 Uhr - und das war einfach spät. Die Leute mußten doch noch nach Hause! Und am Samstag ging es schon 10 Uhr weiter.

Und das Byoyomi! Es war mit 35 Steinen/5 Minuten zu knapp bemessen. Und während die Hauptbedenkzeit über die Tage wechselte, blieb das Byoyomi konstant! Warum denn das schon wieder? Ich denke, daß das Byoyomi genauso wechseln sollte wie die Hauptbedenkzeit. Mein Vorschlag für 2007 lautet daher:

  • Freitag 45 min und 35/5
  • Samstag 60 min und 25/5
  • Sonntag 75 min und 15/5

Ankündigung von Martin

Für die nächste Auflage von Go to Innovation hat Martin angekündigt:

  • Am Freitag wird wieder mit 45 Min. Bedenkzeit gespielt.
  • Startspielstärke laut EGF-Ratingliste (dann hätte Seok-Bin als 9. Dan starten müssen)
  • Handicap "-2" (statt "-1") und max. 5 Steine (statt max. 9)
  • In der Diskussion: Wenn sich die Gegner darauf einigen, können sie statt der Vorgabe Komi wählen (Für jeden Vorgabestein 7 Komi.)
  • Das Byoyomi wird umgewandelt in ein progressives Byoyomi mit 20/25/30/35/usw. Steinen in 5 Minuten. Das ist entspannter, als das 35/5 bisher.

Versöhnliches

Nun noch etwas versöhnliches: Go to Innovation war eigentlich ein wunderschönes Turnier und ich möchte gerne wieder daran teilnehmen. Im März, zur 5. Auflage, bin ich mit Sicherheit wieder dabei! Wenn aber im November 2007 wieder dieses verquere System angewendet wird, dann mit Sicherheit nicht!

Oliver Lenz

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